2001
Geschichten aus dem Wienerwald
2001
Geschichten aus dem Wienerwald
Das Handlungsgerüst ist trivial: Marianne ist von ihrem Vater, dem Inhaber der Scherzartikelhandlung «Zum Zauberkönig», dem Fleischermeister Oskar versprochen; die beiden sind Nachbarn und kennen sich seit ihrer Kindheit. In der Woche vor der offiziellen Verlobung aber verliebt sich Marianne in den Stritzi Alfred, dem sie zumindest nicht gleichgültig ist. Auf der Verlobungsfeier im Wienerwald kommt es zum Eklat, der Vater verstösst seine missratene Tochter.
Beschreibung
Nach einem Jahr treffen wir Alfred und Marianne, unterdessen mit Kind, in einem armseligen möbilierten Zimmer an, Alfred ist ihrer überdrüssig. Er drängt sie, das Kind zu Mutter und Grossmutter in die sonnige Wachau zu geben und einem Erwerb nachzugehen, worauf er sie verlässt. Sie produziert sich in einem Nachtlokal, begeht einen Diebstahl und kommt ins Gefängnis. Gebrochen kehrt sie in die Stille Strasse zurück und versöhnt sich mit ihrem Vater. Der Bräutigam hat in der Zwischenzeit auf sie gewartet, und als das Kind gestorben ist, nimmt er sie, als wäre nichts geschehen, zur Frau. – Ende gut, alles gut? Die im Zeichen des Profits durchrationalisierte Gesellschaft beseitigt systematisch alles Lebendige, denn sie vermag ihrem Prinzip gemäss (Reduktion auf Quantität) nur Totes zu integrieren.
Sie begegnet dem noch lebendigen Menschen als übermächtiger Apparat, dem er hoffnungslos ausgeliefert ist, der ihn früher oder später verschlingt. Solidarität der Menschen untereinander und zur übrigen Kreatur, Liebe, Hilfsbereitschaft und gegenseitige Rücksichtnahme: unter den Bedingungen dieser Gesellschaft ist dafür kein Raum; sie sind anzutreffen nur da, wo einzelne diesen Bedingungen sich zu widersetzen suchen. Das menschliche Verhalten gleicht sich den gesellschaftlichen Bedingungen an. Es ist aggressiv und berechnend. Es resultiert daraus die «kleinmenschliche Raubtierschaft» (Herbert Ihering, Kritiker). Ein Nährboden für nationalsozialistische, rassistische, nationalistische Strömungen gestern wie heute.
Zum Autor
Ödön von Horváth
9.12.1901 – 01.07.1938
Ödön von Horváth wird am 9. Dezember 1901 als Sohn eines Diplomaten aus ungarischem Kleinadel in Flume, dem heutigen Rijeka, geboren. Er kommt 1913 nach München. Nach dem Besuch verschiedener Gymnasien legt er 1913 in Wien die Matura ab und beginnt in München, wo ein betont konservativ-nationalistisches Klima herrscht, Germanistik und Theaterwissenschaft zu studieren. Neben dem Roman «Jugend ohne Gott» schreibt er über zehn Theaterstücke.
Beschreibung
Im Jahre 1931 erhält er auf Vorschlag von C. Zuckmayer für sein Stück «Geschichten aus dem Wiener Wald» den renommierten Kleistpreis. Seine, wie er selber sagt, «Volksstücke aus dem Alltagsleben einfacher Leute» demaskieren falsches Bewusstsein, moralische Fehlhaltungen und hintergründige Bösartigkeit des Kleinbürbürgertums. Angefeindet von der rechtsradikalen Presse verlässt Ödön von Horváth im März 1933 Deutschland und geht nach Österreich. Seine Bücher werden in München verbrannt, seine Stücke kaum noch aufgeführt. Einen Tag nach Hitlers Machtergreifung (13. Mai 1938) in Österreich gelangt Horváth über verschiedene Stationen nach Paris. Am 1. Juli 1938 wird er auf den Champs-Elysées von einem herabstürzenden Ast erschlagen. Nach seiner Wiederentdeckung in den sechziger Jahren hat Ödön von Horváth eine Wirksamkeit erreicht, wie sie ihm zu Lebzeiten nie zuteil geworden ist, und ausser Brecht kein anderer deutschsprachiger Dramatiker der Gegenwart gehabt hat.
Mitwirkende
Alfred, Claudio Albrecht
Die Mutter, Gaby Klingele
Die Grossmutter, Ingrid Weis
Der Hierlinger Ferdinand, Fidelis Sonnentrücker
Valerie, Carole Ritz
Beschreibung
Oskar, Martin Imhof
Ida, Dolores Fux
Havlitschek, Beat Nellen
Rittmeister, Elmar Bumann
Eine gnädige Frau, Karin Hutter
Marianne, Regula Zenhäusern
Zauberkönig, Elmar Heinen
Zwei Tanten, Manuela Berchtold, Karin Hutter
Erich, Heinz Salzmann
Emma, Barbara Heynen
Helene, Manuela Berchtold
Baronin, Ingrid Weis
Beichtvater, Markus Berchtold
Der Mister, Hilar Schwery
Der Conferencier, Markus Berchtold
Choreographie, Tanz, Sara Ritz
Tänzerin, Caroline Minnig
Mädchen, Melanie Nellen
Eine Frau beim Heurigen, Emmeline Schmid
Eine Realschülerin im 2. Stock, Lisa Häusermann
Regie, Mani Wintsch, Marianne Heinen
Bühnenbild, Peter Bissegger
Dramaturgie, Bernadette Wintsch-Heinen
Barmusiker, Amadeo D’Alpaos
Musiker, Samuel Wyss (Geige), Jonas Salzmann (Akkordeon), Claudio Jossen (Klarinette)
Gesang, Werner Salzmann
Souffleuse, Ellen Ruppen
Kostüme, Gilberte Jaggy
Maske, Elsbeth Ruppen, Hanny Derendinger, Rita Eggel, Thildi Egger, Beatrice Eyer, Marielle Ritz
Requisite, OPRA Steg
LichtH, ans-Ruedi Ambord, René Kiechler
Bühnenbau, Claudio Albrecht
Zuschauertribune, OPRA Steg
Bühnenmitarbeit, Daniel Albrecht
Näherin, Emmeline Schmid
Spielerbetreuung, Franziska Zehnder
Abendkasse, Willy Eggs
Presse und Werbung, Alexandra Fux, Gabriela Bara-Imhof
Fotos, Oliver Ritz
Platzanweisung, Emmeline Schmid
Garderobe, Doris Müller
Restauration, Stefan Oberholzer