1996
Worte Gottes
1996
Worte Gottes
Eine Gesellschaft, gekennzeichnet durch die Kämpfe und Nöte von Menschen, die ganz an ihrem Rand leben, beherrscht von Armut und Aberglaube. Für sie gibt es kaum Hoffnung auf Erlösung, ausser wiederum blinde Unterwerfung unter eine unbekannte Macht, die sie nicht kennen will und sie ausbeutet.
Beschreibung
In «Worte Gottes» entbrennt eine erbitterter Kampf um den Besitz eines einzigen Gutes: eines schwachsinnigen Kindes, das auf einem Karren über Strassen und Wege von Jahrmarkt zu Jahrmarkt und von Fest zu Fest bei Sonne und Regen geschleppt wird, um wohltätige Gaben bettelnd. Die schmutzigste Habgier entfesselt sich um dieses unglückliche Wesen, als seine Verwandten versuchen, sich seiner zu bemächtigen, weil sie es für eine fabulöse Pfründe halten. Nach langen Streitereien, in denen Heuchelei und falsche Barmherzigkeit sie wie Marionetten tanzen lässt, gelangen die beiden zerstrittenen Parteien der Familie schliesslich zu einer Teilung des Karrens. Mari-Gaila einerseits und ihre Schwägerin Marica andererseits werden die Nutzniessung des Kindes an abwechselnden Tagen innehaben. Mari-Gaila, mit dem Kind von Jahrmarkt zu Jahrmarkt unterwegs, findet die Freiheit und mit ihr die Liebe, eine verbotenen und böse Liebe, personifiziert im Gevatter Miau.
Miau, ein verschlagener Abenteurer, offensichtlich der Klügste unter all den Herumtreibern, die ihn umgeben, sucht in der schönen Frau nicht nur die Fleischeslust, sondern auch die Ausbeutung der Einnahmequelle, die sie mit dem Karren besitzt. Inzwischen stachelt ihre Schwägerin Marica, die nicht ohne Grund befürchtet, ihres Anteils verlustig zu gehen, den Sakristan, ihren Bruder auf, den Ehebruch Mari-Gailas zu rächen. Aber Pedro Gaila ist zu schwach, um der Aufforderung seiner Schwester Folge zu leisten. Stattdessen sucht er Trost in einer blutschänderischen Liebe zu seiner Tochter Simonina. Der Landstreichen Miguélin, neidisch und verbittert, bringt es zustande, dass das unglückliche Kind, die Ursache aller Streitereien, während einer Sauferei in einer Kneipe zugrunde geht. Mari-Gaila kehrt nach Hause zurück, zur Resignation entschlossen. Sie ist bereit, ihr Elend wieder auf sich zu nehmen, und auf die genossene Freiheit und die Liebe, von der sie nur verstohlen naschte, zu verzichten. Erneut bricht in der Familie ein Streit darüber aus, wer die Beerdigung des Kindes bezahlen muss. Miau versucht, Mari-Gaila wieder zu gewinnen, auch wenn sie nicht mehr Besitzerin des Karrens ist. Er verabredet sich mit ihr, und im Schilf begegnen sie sich. Die viele Tage unterdrückte Lust vereinigt ihre Körper. Aber die Rachsucht Miguélins ist noch nicht besänftigt, und er schreit überall aus, was im Schilf vor sich geht.
Männer und Frauen machen sich mit Freudengeschrei auf, sie zu überraschen. Miau flieht, Mari-Gaila bleibt allein zurück, der Gnade und Ungnade der Meute ausgeliefert, die ihr die Kühnheit, nach Liebe und Freiheit gestrebt zu haben, nicht verzeiht. Mari-Gaila wird in einen wüsten Hexensabbat gerissen und nackt vor ihren betrogenen Ehemann geschleppt. Aber der Sakristan empfindet vor seiner schönen Frau nicht Zorn, sondern entbrennt in neuer Wollust zu ihr. Mit den biblischen Worten: «Wer von Euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein!»
Versucht er, sie den aufgebrachten Dorfbewohnern zu entreissen. Stattdessen bringt er sie nur noch mehr in Wut und wird noch schlimmer verhöhnt. Jetzt wird ihm plötzlich klar: Es sind nicht die schönen Wahrheiten des Evangeliums, die diese Menschen bewegen können, sondern nur die Worte, die Zaubermacht einiger Worte, deren genauer Sinn sie nicht kennen, deren Klang sie aber während ihres ganzen Lebens auf dem harten Weg des Verzichts und der Unterdrückung begleitet hat. Mit verzweifelter Wut schleudert ihnen der Sakristan die gleichen «Worte Gottes» noch einmal entgegen, die er vorher erfolglos gesprochen hat: «Qui sine peccato est vestrum, primus in illam lapidem mittat»
Nun schweigt der Pöbel und vergisst seine Wut, beherrscht von tausendjährigen Echo. Unterwürfig nimmt es eine Wahrheit an, die es nicht begreift, noch nie begriffen hat und wahrscheinlich nie begreifen wird. Der Ehebrecherin wird verziehen, und sie wird erhöht. Trotzdem bleibt sie Gefangene, angekettet bis ans Ende ihrer Tage in einer dunklen und lieblosen Welt, eifersüchtig bewacht von Aberglauben und tausend Dogmen, die niemand versteht und denen alle gehorchen. In einer Welt der «Worte Gottes».
Zum Autor
Ramón del Valle-Inclán
Ramón del Valle-Inclán wurde am 28. Oktober 1866 in dem galicischen Ort Villanueva de Arosa geboren; er starb in Santiago de Comostela am 5. Januar 1936. Ramón del Valle-Inclán trug entscheidend zur Entwicklung des Modernismo, der sogenannten spanischen Variante des Symbolismus in der Lyrik bei.
Beschreibung
Er gehört zu den wichtigsten spanischen Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. Sein literarisches Werk, das vor allem durch eine zutiefst antibürgerliche Haltung und Opposition gegen jede realistische Kunst gekennzeichnet ist, umfasst poetische Schriften, einen Roman und mehrere Dramen. Kennzeichnend für seine Dramenästhetik sind vor allem farcenkomische und groteske Elemente.
Mitwirkende
Übersetzung in den Dialekt, Beat Heinen
Lucero, der manchmal auch Séptimo Miau oder Gevatter Miau heisst, Claudio Albrecht
Poca Pena, seine Kebse, Barbara Maurer
Coimbra, sein weiser Hund, Heinz Salzmann
Colorin, ein weissagender Vogel, Ursula Werlen
Juana la Reina, Ingrid Weis-Tenud
Laureano, ihr schwachsinniger Sohn, Daniel Albrecht
Beschreibung
Pedro Gailo, Küster von San Clemente, Elmar Heinen
Mari-Gaila, seine Frau, Carole Ritz-Barberi
Simoninia, beider Tochter, Regula Ritz
Rosa la Tatula, eine Bettlerin, Yolanda Zeiter-Ritz
Miguélin aus Padron, ein Topfflicker, Martin Zurschmitten
Marcia del Reino, Ruth Albrecht-Schwery
Dorfschulze Bastian, Fidelis Sonnentrücker
sein Knecht, Elmar Regotz
Der Blinde von Gondar, Beat Imesch
Ein Limonadenverkäufer, Leopold Ritz
Ein Pilger, Markus Berchtold
Ludovina, die Kneipenwirtin, Ursula Schmidt
Quintin Pintado, Werner Salzmann
Serenin de Bretal, Elmar Regotz
Milon de la Arnoya, Martin Imhof
Benita, die Näherin, Ingrid Weis-Tenud
Eine Nachbarin, Ruth Zumthurm
Eine Alte, Elisabeth Amrein
Eine schwangere Frau, Susanne Brunner-Wyssen
Die Wirtin, Gertrud Oggier
Ein Mädchen, Sabine Zurschmitten
Ein verabschiedeter Soldat
mit Entlassungszeichen, Elmar Bumann
Bauernpaar mit kranker Tochter, Martin Imhof, Ruth Zumthurm, Debora Ritz
Der Bocksgeist, Werner Salzmann
Erste Wäscherin, Ursula Schmidt
Zweite Wäscherin, Gertrud Oggier
Dritte Wäscherin, Susanne Brunner-Wyssen
Vierte Wäscherin, Ruth Zumthurm
Erster junger Mann, Elmar Bumann
Zweiter junger Mann, Markus Berchtold
Dritter junger Mann, Silvio Berchtold
Erste Hexe, Barbara Maurer
Zweite Hexe, Susanne Brunner
Dritte Hexe, Ruth Zumthurm
Eine namenlose Kröte,
die in der Nacht singt, Charles-Louis Joris
Zivilgardisten, Martin Imhof, Elmar Regotz
Erstes Mädchen, Sabine Zurschmitten
Zweites Mädchen, Barbara Maurer
Ein Dörfler, Charles-Louis Joris
Fahrende, Gertrud Oggier, Markus Berchtold, Charles-Louis Joris, Elmar Regotz
Reiter mit Pferd, Umberto Berchtold
Regie, Marianne Heinen
Ausstattung (Bühne/Kostüme) und techn. Leitung, Peter Bissegger
Supervision Regie, Mani Wintsch
Dramaturgie, Bernadette Wintsch-Heinen
Musikalische Leitung, Amadeo D’Alpaos
Regieassistentin, Barbara Ritz
Souffleuse, Stefania Grand
Produktionsleitung, Norbert Rittiner
Produktionsstellvertretung, Ottilia Ritz
Kostüm-Mitarbeit, Karin Britsch
Maske, Johannita Mutter, Augusta Briw, Hildegard Holzer, Andrea Tenisch, Carmen Thenen, Beatrice Fischer
Requisite, Michael Albrecht, Beat Walker
Licht, Hans-Ruedi Ambord, René Kiechler
Bühnenbau, Werner Berchtold, Peter Wenger
Näherinnen, Berta Heinen, Therese Imsand-Heinen
Spielerbetreuung, Franziska Zehnder
Sekretariat, Renate Schmid
Abendkasse, Willy Eggs, Amandus Müller
Vorreservation, Doris Müller
Presse, Waldemar Schön
Werbung, Rosanna Giglio, Gerhard Walter
Jubiläumsbroschüre, Alban Albrecht
Fotos und Video, Hubert Manz
Finanzen, Willy Eggs
Sponsoren/Inserate, Armin Kiechler
Theaterhocks, Bernadette Frankiny
Kantine, Hans Volken
Platzmeister, Otto Mutter
Beschriftungen, Ernst Thöni
Platzanweisungen, Emmeline Schmid
Parkplatz, Feuerwehr Mörel