Projekt 2021/22

Kurze Clips von den ersten Dreh's.
Worte Gottes von Ramon del Valle-Inclan
Frank der Fünfte von Friedrich Dürrenmatt

Mit zwei überaus inspirierenden Treffen sind wir ins neue Projekt gestartet. Wir sind gespannt wohin uns die Reise führt.
Erstes Treffen zu Holzers Peepshow von Markus Köbeli, Frank der Fünfte von Friedrich Dürrenmatt und Worte Gottes von Ramon del Valle-Inclan.

Das Filmstudio nimmt Gestalt an:


WB Donnerstag 12. August 2021

Bernadette und Mani Wintsch ist es wichtig, nach der Pandemie nicht einfach weiterzumachen als ob nichts geschehen wäre.
Quelle: pomona.media

STELLENWERT DER KULTUR 

Theater nach Corona. Wie weiter? 

Während der Pandemie war Theater nicht systemrelevant. Hat es überhaupt jemandem gefehlt? Die Bühne Mörel sucht nach Antworten.
Nathalie Benelli

Corona hat die Werteskala ganz schön durcheinandergebracht. Ist essen im Restaurant oder eine Kosmetikbehandlung wichtiger als Theater? Was ist die Aufgabe des Theaters? Spielt es gesellschaftspolitisch überhaupt noch eine Rolle oder soll es nur schön und unterhaltend sein? Kulturschaffende sahen das Theater vor Corona ganz selbstverständlich als gesellschaftlichen Mehrwert. Es galt als Aufwertung der Region, des Lebensraums und der Tourismusdestinationen. Kultur wurde immer auch als Wirtschaftsfaktor gehandelt. Und jetzt die Ernüchterung. Während Monaten war der Stecker des Kulturbetriebs gezogen und kaum jemand protestierte dagegen. Es blieb beängstigend still. Ein Verdacht machte die Runde: Ist Kultur einer überwiegenden Mehrheit gar nicht so wichtig?  

Bernadette Wintsch-Heinen und Mani Wintsch von der Bühne Mörel machen sich Gedanken zum «Grounding» der Kultur. Das Wesen des Theaters, das auf Begegnung und Berührung angewiesen ist, wurde in seinem Kern getroffen. «Dieses hoffentlich für lange Zeit einmalige Ereignis fordert alle zu einer vertiefenden Reflexion über den Sinn und Zweck von Theater in der Zeit nach Corona heraus», sagt Bernadette Wintsch-Heinen. Ein Weitermachen wie davor scheint beiden keine Option zu sein. 

Die Bühne Mörel schaffte es gerade noch, im Fenster zwischen der ersten und zweiten Welle, die abschliessende Auswertung der letzten Produktion «Väter und Söhne» durchzuführen. Für die Planung der nächsten Produktion gibt es erste, vorsichtige Rahmenbedingungen, unter denen Theater wieder stattfinden kann. Aber einfach als ob nichts gewesen wäre die 39. Produktion der Bühne Mörel aufgleisen, das wollen die Theaterschaffenden nicht. Es brauche eine Aufarbeitung, sind sie der Meinung. 

Publikum wiedergewinnen 

Die Bühne Mörel will mit einem filmischen Essay das Vergangene mit den Mitgliedern, dem Publikum und Medienschaffenden reflektieren und sich auf die Suche nach neuen Themen und Ästhetiken machen. «Wir erhoffen uns, damit einerseits unser Publikum nach dieser längeren Pause wiederzugewinnen und andererseits ein neues jüngeres neugieriges Publikum dazuzugewinnen», sagt Mani Wintsch.

Die Bühne Mörel verfolgt ihr Ziel in drei Etappen. In einem ersten Schritt werden Mitglieder des Theatervereins, die in vergangenen Aufführungen beteiligt waren, mit einem Fragenkatalog konfrontiert. Ein wichtiger Punkt bei der Befragung stellt die Entwicklung der Spielenden und Mitwirkenden dar.

In einem zweiten Schritt werden Zuschauerinnen und Zuschauer und Medienschaffende eingeladen. Sie bekommen Ausschnitte aus den vergangenen 16 Produktionen der Bühne Mörel zu sehen. Vor laufender Kamera beantworten sie Fragen und tauschen sich aus. Sie sprechen über ihre Eindrücke und reflektieren, was die Theaterbesuche bei ihnen ausgelöst oder bewirkt haben. «Wir erhoffen uns mit den Antworten ein Bild über unsere vergangenen Visionen und Missionen zu verschaffen», sagt Bernadette Wintsch. Die Erkenntnisse können eine Basis bilden, aus der sich ein zukünftiger Weg entwickeln lasse. 

In einer dritten Etappe wird der Weg zur nächsten Theateraufführung filmisch dokumentiert. Im Herbst 2022 soll sie über die Bühne gehen. Wie diese Produktion aussehen wird, hängt von der Auswertung der Rückmeldungen und Reflexionen der Theaterschaffenden, Zuschauer und Medienschaffenden ab. Mittels «Open Space Technology», in einem völlig offenen Gedankenraum, wird nach neuen Themen- und Formen gesucht. Der Film endet mit der letzten Aufführung der Produktion 2022.

Abschliessend wird der Film dann als Open-Air-Kinoaufführung der Bühne Mörel präsentiert, als Video-Stream und als DVD. «Wir verfolgen mit dem Film keine wissenschaftliche Untersuchung, sondern initiieren ein Spiel zwischen Erinnerungen und dokumentarischem Material», sagt Mani Wintsch. So, seine Annahme, lassen sich Entwicklungen und Veränderungen, die die Bühne Mörel in den letzten 30 Jahren durchlaufen hat, sichtbar machen. 

Mani und Bernadette Wintsch ist es wichtig, nach der Pandemie nicht einfach weiterzumachen, als ob nichts geschehen wäre. «Es ist ein guter Zeitpunkt, um über neue Wege, Formen und Möglichkeiten nachzudenken.» Zur Diskussion steht nichts weniger als der Stellenwert des Theaters aus der Sicht der heutigen Gesellschaft. 

WAS KÖNNEN WIR NOCH?

Noch vor einem Jahr haben die Spielerinnen und Spieler auf den Brettern der Bühne Mörel  im Stück "Väter und Söhne" umarmt, getanzt, gerungen, geküsst. Und jetzt ist social distancing angesagt. Wie soll das gehen bei einer Kunst, die sich mit den Beziehungen und dem Verhalten der Menschen auseinandersetzt? Das Theater ist im Innersten getroffen. Proben mit Masken und das Einhalten der Distanzregeln sind nicht wirklich inspirierend.

Es gibt keine Gesellschaft ohne Kunst und Kultur!
Wir lassen uns was einfallen. Man darf gespannt sein...

Wie sieht künftiges Theater mit/nach Corona aus? Was ist unverzichtbar fürs Theater? Für uns ist der Austausch mit dem Publikum ein unverzichtbares Element. Ein Austausch, der aufrütteln aber auch verzaubern kann. Ein Austausch, der die Alltäglichkeit vergessen lässt. Vielleicht lässt die lange Abwesenheit von Publikum den Live-Moment vor Publikum wieder als etwas Besonderes erscheinen. Können wir diese Kraft, die in dem Live-Moment enthalten ist, wieder neu entdecken und lustvoll und mit aller Leichtigkeit damit umgehen. Was für Publikums-Arrangements sind denkbar? 

Man muss das Theater sicher nicht radikal neu erfinden. In seiner Funktion, die Welt zu spiegeln, den Zuschauer vielleicht auch in neue Welten zu entführen, wird das Theater sich seine geeigneten Plattformen neu kreieren. Je nach Themen, die wir für die nächste Produktion wählen, werden wir entsprechende Umsetzungen finden. Wir erachten es als grosse Herausforderung, neue Formen zu entwickeln und auszuprobieren. Es ist eine grosse Chance, mit diesen Krisenerfahrungen neue Lebenswelten auszuloten und zu präsentieren, Utopien zu träumen, Gesellschaft neu zu denken. Dabei dürfen die Lust am Spielen, die Fantasie und der Humor nie verloren gehen.

Welche Geschichten finden unser Interesse? Sind es eher Geschichten einzelner Menschen, wie sie sich aufmachen, neue Lebensinhalte zu finden, oder sind es Geschichten von Familien, von Dörfern, ganzen Landstrichen, deren Lebenswelten sich gravierend verändern. Sind es Mythen, Sagen, Klassiker, die uns Perspektiven eröffnen? Und uns animieren, uns verzaubern?

Liebes Publikum wir freuen uns auf Euch. Irgendwie, irgendwann, irgendwo...
Wir lassen uns was einfallen. Man darf gespannt sein...